Kontext
Ganz im Gegenteil müssen wir uns fragen, ob nicht alle Lebewesen wie auch Artefakte jeglicher Art Ansprüche nach Vorbild der UN-Menschenrechtscharta genießen sollten, um das Problem des global bestehenden, gesellschaftlichen Ungleichgewichts beheben zu können. Hier mögen für den ein oder anderen Grenzen – unser Schwerpunkt – gedanklich überschritten werden, aber das ist dringend notwendig, gerade in Zeiten, in denen Unternehmen und Staaten im Begriff sind, die Welt mithilfe von virtuellen Grenzen allein zu ihrem Vorteil neu zu ordnen. Grenzen sind, so eine Erkenntnis unserer Beschäftigung mit dem Thema, nicht nur hinderlich, sondern auch hilfreich, und sei es nur, um den entscheidenden Unterschied zwischen Abgrenzung und Ausgrenzung zu verstehen. Nicht zuletzt nämlich sind Grenzen weiterhin wichtige Orientierungshilfen, ohne die wir in unserer zunehmend algorithmischen Welt den Überblick verlieren würden.
Situation
Die Migration sei die Mutter aller Probleme – so eine weitere unhaltbare Äußerung des Bundesinnenministers, unter anderem all die kolonialen Großväter unterschlagend, mit deren politischem, ökonomischem und ökologischem Erbe wir uns heute noch auseinanderzusetzen haben. Es geht darum, dieser Art von Deutungshoheit Grenzen zu setzen und gleichzeitig Perspektiven zu öffnen. Ansonsten stünde es schlecht um unsere Entwicklungsfähigkeit. Wir täten uns schwer, Dinge neu einzuordnen, sie weiterzuentwickeln oder neu zu bewerten.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen klare Gedanken und einen langen Atem gegen die ideologischen Nebelkerzen, die täglich gezündet werden.
Stephan Ott, Chefredakteur
Weitere ausgewählte Artikel
online lesen
Focus: Ein Manifest für die Rechte der Dinge
Text: Marjanne van Helvert
Übersetzung: Jessica Krejci

Read Article