Hudson Christie
Bei manchen illustrativen Arbeiten von Hudson Christie weiß man nicht recht, ob man seinen Augen trauen kann, ob es sich bei dem vorliegenden Motiv um eine fotografierte Skulptur oder nicht doch um ein digitales Mock-up handelt. In der Tat sind alle Illustrationen des Kanadiers manuell, in Form von kleinen Dioramen, gefertigt. Nur bei deren Planung und Nachbearbeitung macht sich Christie digitale Tools zunutze. Schon seit seinem dritten Studienjahr am Ontario College of Art and Design University in Toronto setzte er sich mit der Konstruktion von Realmodellen auseinander. Doch erst in seinem Abschlussjahr 2014 fand er den für sich richtigen Weg, die skulpturalen Elemente in 2D-Visualisierungen zu übertragen. Auch wenn ihm technische Mittel seine Arbeit stark erleichtern, sieht sich Christie auch künftig nicht all seine illustrativen Welten ausschließlich digital erschaffen. Die, wenn auch minimalen „Fehler“ beim Agieren mit Schaumstoff, Papier und Polymerlehm – der seines Erachtens beim Bemalen genau die richtige Menge an Pinselstrichen erkennen lässt – machen für Christie nach wie vor den Charme seiner gebauten Erzähllandschaften aus.
Charlotte Mei
Die aus Bristol stammende Illustratorin Charlotte Mei nahm während ihres Studiums an der Camberwell University of the Arts in London an einem abendlichen Kurs zu Keramik teil, von der sie sich seitdem nicht mehr lösen konnte. Während der Weiterentwicklung des eigenen Illustrations- und Animationsstils hat ihr das Arbeiten mit Ton geholfen, mehr in Strukturen und Gesten zu denken. Ihre eher grob daherkommenden Bildobjekte schaffen es inzwischen, trotz oder gerade aufgrund ihrer simplen Konstruktion beim Betrachter Empathie auszulösen. Die gestische Ausarbeitung der Figuren und deren Kolorierung mit dem Pinsel bleiben in den entstandenen Gestalten sichtbar und somit auch ein Teil ihrer Schöpferin. Mei vergleicht dieses positive Phänomen mit dem Fund eines alten Tongefäßes, auf dem sich ein tausend Jahre alter Daumenabdruck befindet und das auf diese Weise mehr zu erzählen hat, als eine makellose Schüssel aus der Massenproduktion.
Benjamin Lemoine
Zum Zeitpunkt von Benjamin Lemoines Studium an der École Émile Cohlin Lyon, gehörten das Zeichnen und die Malerei zu seinen primären Ausdrucksformen – bis Lemoine aufgrund von Platzmangel und dem Wunsch, in einem sauberen leeren Raum zu arbeiten, Blöcke und Leinwände verbannte, um sein Schaffen fortan hauptsächlich in der digitalen Welt fortzuführen. Um jedoch mehr Leben in seine von ihm als cartoonartig und naiv umschriebenen Figuren zu bringen, räumt er der Glorifizierung der Imperfektion – auch im realen Alltag – einen großen Stellenwert ein. Viele seiner Ideen bezieht Lemoine aus bildhaften Erinnerungen seiner Kindheit, die ihm physisch sehr präsent geblieben sind. Die beste Option für ihn, seine Gedankenanstöße digital umzusetzen, ist das Experimentieren mit der Software Houdini. Anstatt viel Zeit in das Modellieren von Körpern zu stecken, ermöglicht ihm das Programm, eigene Verfahrensweisen zu definieren und durch das Verschieben von Parametern unzählige Variationen zu kreieren, die den Zufall zum Mitgestalter machen. So entstand beispielsweise nach dem Wunsch, eine eher plastikartige Oberfläche mit vielen Einkerbungen zu erschaffen, die Playdoh-Reihe, die auf den ersten Eindruck kein Rendering vermuten lässt. Wichtig war dabei die Kombination mit der passenden Farbpalette und einem Tool, das auch das Simulieren von Unregelmäßigkeiten erlaubt.
BlackHole Reloaded from Benjamin Lemoine on Vimeo.
Anatomy of PlayDoh from Benjamin Lemoine on Vimeo.
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Focus: Ein Manifest für die Rechte der Dinge
Text: Marjanne van Helvert
Übersetzung: Jessica Krejci

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